BGH zum kollusiven Zusammenwirken bei Mietverträgen

Zum kollusiven Zusammenwirken im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB zwischen dem Vertreter des Vermieters (hier: dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung) und dem Mieter bei Abschluss eines Wohnraummietvertrags zum Nachteil des Vermieters sowie zur unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) durch den Mieter bei von ihm erkanntem oder sich ihm aufdrängenden Missbrauch der Vertretungsmacht (amtlicher Leitsatz des BGH).

Sachverhalt
Im vorliegenden Fall ging es um eine 177 m2 große Fünfzimmerwohnung in Berlin, die seit Dezember 2017 von der Beklagten zu 1) und ihrem Lebensgefährten, dem Beklagten zu 2), mit ihren minderjährigen Kindern bewohnt wurde. Der Mietvertrag wurde zwischen der Beklagten zu 1) als Mieterin und einer GmbH als Vermieterin (Klägerin) geschlossen, vertreten durch deren damaligen Geschäftsführer. Die vereinbarte Nettokaltmiete betrug monatlich 600 Euro (Bruttomiete 1.010 Euro), wobei die Mieterin für das erste Jahr von der Mietzahlung befreit wurde. Als Gegenleistung verpflichtete sie sich, die Wohnung fachgerecht zu renovieren.

Etwa vier Jahre später forderte die GmbH unter neuer Geschäftsführung die Räumung und Herausgabe der Wohnung mit der Begründung, der Mietvertrag sei durch kollusives Verhalten zustande gekommen und wegen der niedrigen Miete sittenwidrig. Die Gesellschafter der GmbH hatten ursprünglich beabsichtigt, die Wohnung zu verkaufen, nicht zu vermieten.

Entscheidungsgründe des BGH
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26. März 2025, Az. VIII ZR 152/23) hob das Urteil des Landgerichts Berlin (LG Berlin, Urteil vom 28. Juni 2023 - 64 S 105/22) auf, das der Räumungsklage stattgegeben hatte, und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück.

Das Landgericht hatte angenommen, der Mietvertrag sei wegen kollusiven Zusammenwirkens des früheren Geschäftsführers der Klägerin mit dem Beklagten zu 2 gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Die vereinbarte Nettokaltmiete liege rund 60% unter der ortsüblichen Vergleichsmiete. Der Beklagte zu 2) habe Kenntnis vom treuwidrigen Verhalten des Geschäftsführers gehabt, und diese Kenntnis sei der Beklagten zu 1) nach § 166 BGB zuzurechnen.

Der BGH stellte jedoch klar, dass für die Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens ein bewusstes Zusammenwirken zum Nachteil des Vertretenen erforderlich ist. Eine bloße Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Missbrauch der Vertretungsmacht genügt hierfür nicht. Das Landgericht hatte keine Feststellungen getroffen, die den Schluss erlaubten, dass die Beklagte zu 1) als alleinige Vertragspartnerin im bewussten Zusammenwirken mit dem Geschäftsführer handeln wollte.

Zudem fehle es an einer tragfähigen Grundlage für eine Wissenszurechnung nach § 166 BGB. Der Beklagte zu 2) sei beim Vertragsschluss nicht als Stellvertreter der Beklagten zu 1) aufgetreten. Eine Wissenszurechnung hätte vorausgesetzt, dass die Beklagte zu 1) den Beklagten zu 2) mit der Erledigung bestimmter Aufgaben in Bezug auf die Anmietung betraut habe. Allein die persönliche Nähe der beiden Beklagten und das gemeinsame Wohnen würden für eine Wissenszurechnung nicht ausreichen.

Der BGH betonte auch, dass grundsätzlich der Vertretene das Risiko eines Vollmachtsmissbrauchs zu tragen habe. Eine unzulässige Rechtsausübung durch den Vertragspartner setze eine objektive Evidenz des Missbrauchs voraus. Allein aufgrund der günstigen Mietkonditionen hätte sich der Beklagten zu 1) nicht aufdrängen müssen, dass der Geschäftsführer treuwidrig gehandelt habe.

Fazit
Die Entscheidung des BGH stärkt die Position von Mietern mit günstigen Mietverträgen. Ein auffällig niedriger Mietpreis allein macht einen Mietvertrag nicht unwirksam. Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit müssen konkrete Beweise für ein bewusstes Zusammenwirken zum Nachteil des Vermieters vorliegen.

Vermieter, insbesondere Unternehmen, sollten klare interne Regelungen und Kontrollmechanismen für ihre Vertreter etablieren. Im Streitfall muss der Vermieter konkret beweisen, dass der Mieter entweder bewusst mit dem Vertreter zum Nachteil des Vermieters zusammengewirkt hat oder zumindest den Missbrauch der Vertretungsmacht kannte oder hätte kennen müssen.

Die Entscheidung verdeutlicht auch, dass eine Wissenszurechnung zwischen Lebensgefährten nicht automatisch erfolgt. Die willentliche und bewusste Einschaltung als Wissensvertreter muss nachgewiesen werden und darf nicht einfach vermutet werden.

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